THC-Grenzwerte im Straßenverkehr und was dahinter steckt

von Rechtsanwalt van Donzel-Giesen
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Die zur Zeit vorliegenden Grenzwerte im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr gehen auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurück.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahre 2004 im Zusammenhang mit der Auslegung des § 24a StVG entschieden, dass nicht mehr jeder Nachweis von THC im Blut eines Verkehrsteilnehmers für eine Verurteilung nach § 24 a Abs. 2 StVG ausreicht (BVerfG - Beschluss vom 21. Dezember 2004, 1 BvR 2652/03). Festgestellt werden muss vielmehr eine Konzentration, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. Diese Möglichkeit wurde zum damaligen Entscheidungsdatum im Jahre 2004 in der Wissenschaft zum Teil erst bei Konzentrationen von über 1 ng/ml angenommen. Andere Meinungen gingen, wie sich aus gutachterlichen Äußerungen ergibt, die vom Bundesverkehrsministerium im vorliegenden Verfahren vorgelegt worden sind, dagegen davon aus, dass schon, aber auch erst ab dem von der Grenzwertkommission in ihrem Beschluss zu § 24 a Abs. 2 StVG vom 20. November 2002 angegebenen Grenzwert von 1 ng/ml eine Wirkung im Sinne dieser Vorschrift nicht mehr auszuschließen sei, während im Bereich darunter eine solche Wirkung nicht belegt werden könne.

Dies deckte sich mit der damaligen Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, das der Ansicht war, dass es im Rahmen des § 24 a Abs. 2 StVG nicht bereits bei der Feststellung geringster Konzentrationen von Rauschgift im Blut zu der vorgesehenen Sanktion führen soll, sondern setze vielmehr eine THC-Konzentration deutlich oberhalb des Nullwerts voraus und kam damals zu der Ansicht, dass erst ab einem Wert von 1 ng/ml die Anwendung von § 24 a Abs. 2 StVG gerechtfertigt sei.

In einem im Jahre 2020 veröffentlichten Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass der aktuelle analytische Grenzwert überholt sei. In ihrem Bericht verweisen sie auf Studien und Forschungen. So kommt eine Studie aus dem Jahr 2015 zu dem Ergebnis, dass selbst bei hohen THC-Konzentrationen kein derartiger Zusammenhang zur Fahruntüchtigkeit besteht, dass die Festlegung definierter Grenzwerte wie bei Alkohol sinnvoll sei. Demgegenüber kam eine Untersuchung des Bundesamtes für Straßenwesen zu dem Ergebnis, dass sich zu der 0,5-Promille-Grenze des § 24 a StVG ein Äquivalent von 3,8 ng/ml THC im Blutserum angeben ließe.

Das oben genannte Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwies ausdrücklich auf die Angaben der Grenzwertkommission und die neusten wissenschaftlichen Entwicklungen. So führte das Bundesverfassungsgericht aus, dass die angegriffenen Entscheidungen auf der gegebenen Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG beruhen: 

Denn es sei nicht auszuschließen, dass die Ausgangsgerichte, wenn sie die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Rechtsprechung anderer Gerichte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hätten, zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wären, sei es, dass sie ihn vom Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 2 StVG freigesprochen, sei es, dass sie das Verfahren, was nach den Stellungnahmen des Generalbundesanwalts und auch des Bundesministeriums ebenfalls in Betracht kommt, nach § 24 a Abs. 4 StVG in Verbindung mit § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt hätten (Rn.31).

Aus dieser Entscheidung wurde zwar allgemein von Gerichten und Behörden geschlussfolgert, dass ein Grenzwert von 1,0 ng/ml verfassungsgemäß sei. Es darf dabei aber nicht vergessen werden, dass sich diese Angabe auf die Erkenntnisse der Wissenschaft bezieht. Insoweit ist die Anwendung von § 24a StVG nur verfassungskonform, wenn sie die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt. 

Insoweit kann die Auffassung vertreten werden, dass § 24a StVG zur Zeit nicht verfassungskonform ist. Der Gesetzgeber hatte nun beinahe 20 Jahre Zeit das Gesetz nachzubessern bzw. zu konkretisieren. Ferner erklärt sich nicht, weshalb die Niederländer und Portugiesen THC besser verkraften sollten als die Kraftfahrzeugführer in Deutschland. Die in Portugal und den Niederlanden vorherrschenden Grenzwerte von 6ng/ml liegen um das 6-fache höher als in Deutschland. Selbst die Briten, Polen und Schweizer haben mit einem 3,8ng/ml-Wert noch einen um das 3,8-fachen höheren Spitzengenzwert.

 

 

 

 

 

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